Was Erbsen hšren und wofŸr
KŸhe um die Wette laufen
Florianne Koechlin und Denise Battaglia
Worum es uns geht
Erbsen hšren das Rauschen von Wasser. Ihre Wurzeln wachsen gezielt auf
eine Wasserquelle hin. Andere Pflanzen reagieren ebenfalls auf bestimmte Tšne,
sie wachsen zum
Beispiel schneller oder sind besser gegen DŸrreperioden gewappnet. Wie ist
das mšglich? Pflanzen haben doch keine Ohren?
Pflanzen haben noch viel mehr verblŸffende Talente. Eine Forscherin in
Berlin untersucht zum Beispiel, wie eine Ulme ihren Frassfeind
erkennt, lange bevor dieser sie
attackiert. Doch woran erkennt die Ulme ihren zukŸnftigen Widersacher? Oder
dies: Unter dem Boden bilden Buchen, Eschen, Fšhren oder Eichen mit vielen
verschiedenen Pilzarten eine grosse Lebensgemeinschaft: Sie tauschen untereinander NŠhrstoffe
und sogar Informationen aus. In einem Wald bei Basel spazierten wir mit
einer Forscherin Ÿber dieses umfangreiche unterirdische Netzsystem aus Wurzeln und Pilzen, das Wood Wide
Web (WWW). Was bringt diese Gemeinschaft den WG-Mitgliedern und was kostet sie
den einzelnen?
Auch die Beziehungsnetze von Tieren beeindrucken uns. Die Kuh, sagt uns
ein Forscher, den wir auf einer Alp besuchen, hat eine starke Verbindung zu
ihrer Umgebung und wŠhlt ihr MenŸ in der Weide selber – wenn man sie
lŠsst. Dabei zeigen sich individuelle Vorlieben: die eine bevorzugt Klee, die
andere die BlŸten des Sauerampfers. Ermšglicht der offenbar ausgeprŠgte Geschmacksinn
den Tieren vielleicht jene intensiven Erlebnisse, die uns Menschen das Sehen
und Hšren geben? Falls ja, was verwehren wir den KŸhen, wenn wir ihnen tagein
tagaus den gleichen Einheitsbrei vorsetzen? Auch der Regenwurm ist ein Gourmet.
Ohne den unter Tag arbeitenden Netzwerker gŠbe
es keine fruchtbaren Bšden. Schon Charles Darwin, der den Regenwurm
jahrzehntelang beobachtete, war von den Leistungen dieses scheuen Tiers tief
gerŸhrt.
Das škologisch geprŠgte Weltbild beruht darauf, dass alles mit allem
irgendwie vernetzt ist. In den letzten Jahren haben wir neue und faszinierende
Einblicke in die unendlich komplexen und dynamischen Netzwerke bekommen, die
das Leben ausmachen. Dieses Buch ist eine Fortsetzung der frŸheren BŸcher. Es
berichtet von Entdeckungen, die vor einigen Jahren noch als unmšglich galten.
Was aber bringt das Wissen, dass wir alle – Pflanze, Tier und
Mensch – in koevolutionŠre Prozesse eingebunden
und in gegenseitigen AbhŠngigkeiten verstrickt sind? Was bedeutet dies konkret
fŸr die Landwirtschaft oder fŸr uns Konsumentinnen und Konsumenten?
Weiter
wie bisher ist keine Option. Dass die industrielle Landwirtschaft an ihre
Grenzen stšsst, zeigt sich besonders deutlich an der
Massentierhaltung. Eine RichtungsŠnderung tut not. Doch dŸrfen wir Tiere
Ÿberhaupt tšten? Die beiden Autorinnen sind unterschiedlicher Meinung und legen
ihre Sichtweisen dar.
Mit der Frage, wie eine Landwirtschaft von morgen aussehen kšnnte,
reisten wir an die Loire in Frankreich und besuchten eine Mikrofarm, die eine
immense Vielfalt an GemŸse, Obst und KrŠutern auf kleinstem Raum anbaut,
škologisch – und rentabel. Sind vielleicht Mikrofarmen – statt
Grossbetriebe – die Bauernhšfe der Zukunft? In SŸdkorea besuchten wir Hansalim, das weltweit gršsste und erfolgreichste System
einer solidarischen Landwirtschaft. Und von einem Schweizer Bauern wollten
wir wissen, warum Hšrner fŸr KŸhe so wichtig sind.
Ein renommierter Schweizer …konomieprofessor erklŠrt, was er vom derzeit
umstrittenen Freihandel fŸr Lebensmittel hŠlt und zum Nachtisch erzŠhlt eine buddhistische
Nonne in SŸdkorea, die uns in die Kšstlichkeiten der Ÿber tausend Jahre alten
veganen KŸche einfŸhrt, was sie mit der Aubergine verbindet.
Beziehungen, das zeigen diese Einblicke, sind der Boden von allem
Lebendigen. Darin liegt die Zukunft, auch jene der Landwirtschaft.